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Laufberichte

Wiedersehen macht Freude

 

Heute darf ich eines meiner Vorurteile ablegen. Normalerweise mag ich Rundenläufe nämlich überhaupt nicht. Aber da mir schon sehr viele Leute den Bärenfelslauf empfohlen haben, will ich nun selbst ein Bild machen. Und tatsächlich werde ich unterwegs sehr schnell erkennen, dass es auf dieser Genuss-Trail-Strecke sehr viele schöne Abschnitte gibt, auf die man sich auch bei der zweiten, dritten und der abschließenden vierten Runde freut.

Hier gibt es kein "Ach, jetzt muss ich schon wieder diesen Berg hinauf!" Stattdessen freue ich mich jedes Mal auf die Brücken, die schmalen Pfade, die sich durch urigen Wald winden, den Steg mit den Sumpfdotterblumen, die Rapsfelder und vieles andere. Und wenn man so wie ich am Ziel aus voller Überzeugung sagen kann: "Falls ihr mich noch auf eine fünfte Runde schicken wollt, dann laufe ich diese gerne", ist das ein sehr verdientes Lob für die Strecke.  
 Der Bärenfelslauf - eigentlich müsste man schreiben "Die Bärenfelsläufe" -zählt inzwischen zu den bewährten, i schon fast klassischen Konstanten im Laufkalender. Robert Feller und viele andere Mitglieder der sehr Ultralauf erfahrenen Familie Feller organisieren schon seit 2003 den Heiligabendlauf und den Sommer-Trail, 2006 kam dann auch der Mai-Trail dazu, der anfangs aber nur 10 km lang war. Der längst um einen Marathon ergänzte Heiligabendlauf hatte 2015 erstmals über 100 Marathon-Finisher.

Doch allen drei Terminen bleibt nach wie vor der sehr familiäre Charakter erhalten. Dies ist kein Event mit perfekter Infrastruktur. Hier wird alles auf recht einfache Weise und mit viel Herz  improvisiert. Die Startunterlagen bekommt man in einer Fußgängerunterführung, davor stehen zwei kleine Zelte, das genügt. Der Bärenfelslauf hat sich inzwischen nicht zuletzt als Treffpunkt von Vielstartern aus unserer großen Familie der Ultratrailläufer etabliert. Man kennt sich. Wiedersehen macht Freude.

Die aufgrund von Forstarbeiten heute kurzfristig von 52 auf 48 km mit 1400 Höhenmetern geänderte Strecke läuft man in vier identischen Runden.  Zusätzlich zum Ultratrail steht eine einzelne Runde zur Wahl, außerdem wird ein 2 km Schüler-Trail angeboten. Das sehr großzügige Zeitlimit ermöglicht auch Walkern und Wanderern die Teilnahme.  

Schon lange hatte ich Lust, auch mal die Trails beim Bärenfels und ihre sympathischen Organisatoren kennen zu lernen. Aber wenn ich beim Heiligabend-Marathon starte, würden meine Schwiegereltern wohl bis Ostern nicht mehr reden, im Sommer laufe ich lieber in den Alpen und am 1. Mai muss ich normalerweise arbeiten, was in diesem Jahr aufgrund des kalten Wetters ausfällt. Klar, diese Gelegenheit will ich nun unbedingt nutzen!

Um 7.30 treffe ich mich mit meinem Freund und Vereinskameraden Klaus Becker an einem Parkplatz in Karlsruhe und schon um 9 Uhr trinken wir im Startbereich Kaffee. Hoppstädten-Weiersbach - der Name klingt nach "Mitten im Nirgendwo", doch die Anfahrt führt überraschend stressfrei auf der A62 von Kaiserslautern in Richtung Trier. Nur 400 m von Ausfahrt Birkenfeld entfernt ist der Parkplatz neben dem Biomasse-Heizkraftwerk.  

 


 Ein ganz kurzes Stück auf Asphalt, dann biegen wir links auf eine große Wiese. Petrus hat die Strecke über Nacht sehr gut bewässert, so dass der Weg über die Wiese am frühen Morgen eine Ansammlung von Pfützen ist. Nebendran durch das Gras laufen hält die Füße aber auch nicht gerade trocken. Ich fühle mich also schon von Anfang an sauwohl. Dann führt die hervorragend markierte Strecke in den Wald hinein. Ein uriger Pfad schlängelt sich zwischen den Bäumen hindurch. Neben uns plätschert ein Bach, die Baumstämme sind von dichtem Moos bedeckt. Urwaldstimmung!  

Schon nach fünf Minuten wird es mir zu warm. Als ich meine Laufjacke ausziehe, wird mir der Grund klar. Ich hatte vor dem Start vergessen, die sehr dicke Fleecejacke auszuziehen, die ich darunter trage. Ein Glück, dass ich nun eine Jacke den Rucksack stecken kann!

Anfangs gibt es nur ein paar kurze Steigungen, meist kann man noch gut laufen. Auf einer Lichtung mutiert der Pfad zu einer Wassertretstelle. Hier kann man nicht überall auf trockenen Boden ausweichen. Jaaaa! Schon jetzt lobe ich mich dafür, heute hier her gekommen zu sein. Weiter geht es durch schönen Wald, mal einigermaßen flach, dann wieder kurz auf oder ab, dazwischen auf Brücken über Bäche.


"Normale" Menschen sitzen am Sonntagmittag mit Kaffee und Kuchen bei Opa, Oma oder bei den Schwiegereltern, wir rennen derweil durch die Gegend und trinken mit unserer Läuferfamilie Cola und knabbern Salzstangen.  Hier gibt es kein "Schuhe vor der Tür ausziehen", hier dürfen die Treter gründlich eingeschlammt werden.  

 

 

Nur selten rennen wir heute auf breiten Forstwegen. Meist sind wir auf schönen Genuss-Trails, nicht zu schwer, aber auch nicht langweilig. Trail-Fans haben hier ihren Spaß, Einsteiger werden technisch nicht überfordert. So etwas kann man als perfekte Mischung bezeichnen. Durch die kurzfristig geänderte Strecke kommen wir unterwegs etwa bei km 4 am Hin- bzw. km 11 beim Rückweg auf einem kurzen, steilen Weg an anderen Teilnehmern vorbei. Auf und ab, auf und ab …..

Einige Kilometer weit laufe und rede ich mit Melanie Kohler und Mario Helfrich. Zwischendurch kommen wir an einem Steinbruch mit Vulkangestein vorbei, ein paar schöne Trails später laufen wir durch eine Rhyolitgrube.



Es folgt ein märchenhaft schöner Abschnitt, der mir bei allen vier Runden das Herz öffnet. Vorbei an üppig gelb leuchtenden Rapsfeldern und mit hübscher Aussicht macht das Laufen einfach nur uneingeschränkt Freude. Danach geht es wieder auf einem traumhaften Trail durch den Wald. Am besten gefällt mir aber der Steg über einen Bach, in dem viele Sumpfdotterblumen blühen.

Nachdem ich an der Verpflegungsstelle bei km 8 sehr lange mit den netten Damen plaudere, sind Melanie und Mario schon weit voraus entschwunden und ich laufe nun die restliche Strecke meist alleine.

Eine Weile geht es auf breiten Forstwegen recht entspannend mal leicht bergauf, mal bergab. Dann rase ich zuerst den steilen Weg mit Gegenverkehr bergab, bis ich auf den letzten beiden Kilometern wieder über Traumtrails hinab kurven darf. Welch ein Spaß!  Zuletzt geht es unten wieder über die Wiese, wo ich bei jeder Runde ebenfalls anderen Läufern begegne. Dann erreiche ich die kleinen Zeltpavillons bei Start und Ziel, wo ich etwas essen und trinken und vor allem endlich die Fleecejacke ablegen kann. Kaum zu glauben, dass die erste Runde schon vorbei ist!  

Voll motiviert starte ich zur zweiten Runde, die mir ebenso viel Spaß macht. Schon seit einer Stunde scheint immer öfter die Sonne durch die Wolken und jetzt wandelt sich das Wetter sogar zu einem für Läufer perfekten Frühlingstag. So viel blauen Himmel hätte ich heute nicht erwartet.

Kurz nachdem ich an der Verpflegungsstelle bei km 8 (jetzt km 20) einen Becher Wasser genommen habe, rennt plötzlich mein Freund Klaus Becker auf die Lichtung. Klaus hatte bis Dienstag noch nie etwas vom Bärenfelslauf gehört, nahm aber meinen Vorschlag, gemeinsam hier zu starten, gerne an. Ich weiß, dass er viel schneller läuft als ich, vor zwei Wochen beim BiMa war er auf den 65 km fast drei Stunden schneller, aber ich hatte dennoch erwartet, dass er mich erst während meiner dritten Runde überholt. Er greift nur schnell nach Wasser, schon ist er wieder weg.

Ich „fürchte“, dass er das Rennen gewinnen könnte. Gleich darauf kommt ein Läufer aus meiner Kategorie daher. Und der trägt auch noch ein Marathon4You-Shirt! Ein echter Fan.

 

 

Bald ist auch schon meine zweite Runde zu Ende. Die Halbzeit erreiche ich früher als erwartet und fühle mich noch pudelwohl. Der Gedanke an die bevorstehenden zwei Runden besorgt mich nicht. Im Gegenteil

Wieder marschiere ich bergauf. Eigentlich braucht man für diese Strecke keine Stöcke, ich glaube auch, dass außer mir heute keiner welche hat. Aber ich muss unbedingt noch meine Arm- und Schultermuskulatur an die Stöcke gewöhnen, bevor die ganz großen Läufe in diesem Jahr beginnen.

An der VP oben auf dem Berg freue ich mich, als ich einen Teller mit frisch gegrillten Fleischstücken und Pasta sehe. Dankbar greife ich zu und bemerke erst zu spät, dass dies keine Läuferverpflegung, sondern das Mittagessen einer Helferin ist. Als sie mir anbietet, ich könne ruhig davon essen, greife dann doch zu den mir zugedachten Gummibärchen und Erdnüssen.

Auch Runde 3 ist schnell vorbei. Im Vorfeld ging ich davon aus, dass ich spätestens nach drei Runden keinen Bock mehr haben würde, dieselbe Strecke noch ein viertes Mal zu laufen. Denkste. Ich komme mir vor, wie ein Kind, das auf einem Karussell sitzt und nach jeder Fahrt wie ein Teletubbi schreit: „Noch meeeeehr!“ Inzwischen weiß ich auch, dass Klaus bereits mit fast 22 Minuten Vorsprung das Rennen gewonnen hat und gerade zur einige Kilometer entfernten Dusche fährt.

Super gut gelaunt starte ich zu meinem Finale. Da ich heute nur in für mich idealem Trainingstempo laufe, fühle ich mich noch fast so frisch, wie ganz am Anfang. Die Sonne scheint, die Trails sind klasse, mir geht es gut. Was will man mehr?

Brücken, Kurven, Steinbruch, Raps…. all das ist mir gut vertraut. An den Stellen mit Gegenverkehr treffe ich auf andere Läufer, ansonsten sehe ich bei dieser Runde nur weit vor mir einen Läufer, den ich erst beim letzten Abstieg überholen kann.

 

 

Als ich das Ziel deutlich früher als erwartet erreiche, finde ich es fast schade, dass es keine fünfte Runde gibt. Heute wäre ich auch diese mit Begeisterung gelaufen.

Klaus steht inzwischen auch am Ziel und wartet auf mich. Seine Siegerehrung ist längst vorbei, doch hier wird jeder Finisher mit einer kleinen Siegerehrung gefeiert. Kurz nach meiner Ankunft gibt es wieder einen Block mit etwa 10 Aufrufen. Mit 6:37 erreiche ich Platz 26 von 36 Finishern auf der 48 km Distanz. Als Finishergeschenk bekommt jeder passend zum Bärenfelslauf eine große Tüte Gummibärchen. Wenn wir schon an keinem BärenFELS vorbei kamen, dann wenigstens am Schluss GummiBÄREN!  

Ich bin mal gespannt, was es hier dann an Heiligabend gibt. Denn jetzt ist klar, dass ich auch diesen Lauf mal selbst erleben will, egal was die Schwiegereltern sagen. Wenn man so wie ich am Tag nach dem Lauf freudestrahlend im Büro sitzt, dann hat es sich wirklich gelohnt!


Hier sind die Gewinner der Ultradistanz:


Frauen

1. Martina Honecker - 5:19:35
2. Stefanie Krieg - 5:37:07
3. Gaby Heidemann - 5:54:05 

 

Männer

1. Klaus Becker - 4:03:15
2. Tobias Kawerau - 4:24:54
3. Ahmet Zeren - 4:31:52

 

Informationen: Bärenfels Mai-Trail
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