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Laufberichte

Auch das "Alpenvorland" hat es in sich

02.07.05

Auch wenn sich Oberstaufen im Alpenvorland ganz harmlos anhört: der Lauf hatte es in sich!

 

Deutschlands erster Alpin-Marathon in der 3. Auflage! Mein Freund Bernhard war beim ersten Lauf dabei und war begeistert, mein Neffe Egbert war beim zweiten Mal dabei und war beeindruckt von dem Schwierigkeitsgrad der Strecke und ich nahm also dieses Jahr die Gelegenheit wahr, beim dritten Lauf mitzumachen. Vor allem im Hinblick auf den K78 in Davos in vier Wochen wollte ich den Lauf als Training nutzen. Vom Höhenprofil war er vergleichbar mit Davos auf den letzten 40 Kilometern. Vor allem das lange Bergablaufen musste ich noch trainieren und dafür war Oberstaufen bestens geeignet.


Auf der Homepage des Veranstalters konnte ich mich schon mal mit der Strecke vertraut machen. Sehr informative Bilder, ein sehr genaues Höhenprofil und ein kurzer Streckenbericht – letzteres eine sehr gute Idee! Insgesamt bekommt man einen guten Einblick in das, was einen erwartet. Der Marathon hat einiges zu bieten. Er führt zwar durch das Alpenvorland, aber auch das hat es in sich. Vom 800 m hoch gelegenen Start bis zur höchsten Stelle bei 1.700 m sind es rechnerisch nur 900 Höhenmeter. Die angegebenen knapp 1.800 Höhenmeter gewinnt man also nicht durch ständiges Bergauf, sondern durch einen Wechsel von bergauf und bergab. Hat man dann den höchsten Punkt erreicht, „verliert“ man die 1.800 Höhenmeter aber beinahe in einem Rutsch. Der Lauf erfordert also vor allem auch die Fähigkeit, bergab effektiv laufen zu können.


Ich war also sehr gespannt, wie ich diese Anforderungen erfüllen würde. Die Zielzeit von 7 Stunden war sehr großzügig bemessen, so dass sich auch ganz langsame Läufer an die Strecke wagen können und ich den Lauf als Trainingslauf „missbrauchen“ konnte.


Am Starttag war ich um 3.30 Uhr war aufgestanden, um 4 Uhr losgefahren, habe Egbert abgeholt und etwas mehr als zweieinhalb Stunden später waren wir bei Start und Ziel in Kalzhofen, einem Vorort von Oberstaufen. Die Fahrt über die Autobahn A8 Stuttgart – Ulm – Memmingen – Kempten war um diese frühe Zeit problemlos und auch die wenigen Kilometer Bundes- und Landstraße liefen bestens. Alles passte, nur die frühe Aufstehzeit behagte mir überhaupt nicht. Im Nachhinein betrachtet wäre auch eine Stunde später noch ausreichend gewesen.


Der Start und Ziel waren im Stadion in Kalzhofen, direkt daneben war an diesem Samstag die Ausgabe der Startunterlagen. Tags zuvor konnte man die Unterlagen auch schon abholen, jedoch in der Kurverwaltung von Oberstaufen. Kurz vor 7 Uhr waren erst wenige Teilnehmerinnen und Teilnehmer da, so dass wir nach wenigen Minuten alle Unterlagen hatten. Aber auch später noch, als es richtig belebt war, ging die Ausgabe problemlos ohne Wartezeit. Der Lauf könnte also sicher die 500 Teilnehmer verkraften, die die Organisatoren längerfristig erhoffen.

 

Etwa 200 Voranmeldungen für den Marathon und 100 für den 2/3-Marathon lagen vor und es war zu befürchten, dass nicht allzu viele Nachmelder kommen würden. Dazu war das Wetter nicht gut genug, der Himmel war Wolken verhangen und immer wieder regnete es leicht. Hoffentlich würde sich Wetterbericht bewahrheiten, der bereits für den Vormittag aufhellende Bewölkung angesagt hatte und für den Nachmittag sonnig bei nur noch geringer Bewölkung. Von den Temperaturen war es ok, vielleicht 10-12 Grad, also beinahe ideales Laufwetter.


Um 8.30 Uhr sollte es losgehen, aber etliche Nachmelder und die Technik des Startbogens verhinderten das. Stromausfälle und/oder Lecks im Starbogen beeinträchtigten dessen Standhaftigkeit, so dass er erst mal wieder abgebaut werden musste, bevor wir dann um 8.40 Uhr die ¾ Runde im Stadion laufen durften und dann hinaus auf die Strecke geführt wurden.

 

Zunächst ging es knapp 2 km flach bis nach Oberstaufen, dort durch den Kurpark und dann kam der erste Anstieg, erst noch sanft an Weideland vorbei, dann sofort steiler, als wir den Wald erreicht hatten. Insgesamt etwa 150 Höhenmeter auf vielleicht 1,5 km. Nicht überwältigend viel, aber trotzdem ganz schön anstrengend, denn es war meist so steil, dass joggen für mich kaum möglich gewesen wäre und ich konsequent ins Gehen überging.

 

Nun ging es auf Naturwegen einigermaßen eben durch den Wald, dann sanftes Gefälle, bald aber wieder auf Kies- und Asphaltwegen durch Wiesen  hinunter bis nach Weissach, wo bei km 7 die erste Verpflegungsstelle war. Insgesamt verloren wir auf den letzten 3,5 km nahezu 300 Höhenmeter.


Bisher war ideales Laufwetter, bewölkt, anfänglich leichter Nieselregen, der nach wenigen Kilometern aufhörte. Von der Temperatur wohl um die 12 Grad und wenn es oben auf dem Hochgrat (1.700 m) nicht sehr viel kälter war, wäre ich richtig angezogen: kurze Hosen, zwei T-Shirts übereinander. In der Tat blieb es  dann bis zum Ende bewölkt. Ab und zu schimmerte blauer Himmel hervor, es regnete nicht mehr, die Temperatur stieg nur unwesentlich – zum Laufen ideal.


Ab dieser Verpflegungsstelle (mit 660 m der tiefste Punkt der Strecke) sollte es laut Höhendiagramm die nächsten 14 km bis zur Bergstation Hochgrat (1.700 m) ständig bergauf gehen, nur unterbrochen von drei Kilometern eben oder ganz leicht abwärts. Jetzt galt es Kräfte sparen, um dann auf der zweiten Hälfte das Bergab gut zu meistern.

 

Erst aber ging es hoch durch Hangwiesen bis zur Verpflegungsstelle Steibis bei km 9,3. Hier, wie eigentlich an allen Verpflegungsstationen, machte ich nur kurz Pause, trank ein oder zwei Becher Wasser oder Apfelsaftschorle, aß ein Bananenstückchen, einen Müsliriegel und ging dann weiter.

 

Nachdem wir Steibis verlassen hatten, war pure Natur angesagt. Auf einem Wanderweg ging es hoch bis zur nächsten Verpflegungsstation Imberghaus. War ich bisher der Meinung gewesen, es würde steil hochgehen, wurde mir bald klar, dass das wirklich ein Alpin Marathon war. So lieblich sich auch die Landschaft darstellte, so unglaublich steile Wegstücke gab es. Die gut begehbaren, gekiesten Wege wichen gegen Ende Wiesenpfaden. Ab und zu standen hier auch ein paar Kühe im Weg, die man durch Klatschen in die Hände leicht vertreiben konnte.  Ein paar erschreckte Sprünge zur Seite und dann schauten sie uns schon wieder neugierig an. Sie hatten keinerlei Berührungsängste,  und machten einen sehr harmlosen Eindruck.


Immer wieder mussten wir jetzt durch enge Gatter, die so konstruiert waren, dass immer nur ein Läufer passieren konnte. Hier am Ende des Feldes kein Problem, wie das aber wohl weiter vorne ausgesehen hatte? Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie da einige Läufer geflucht haben.


Ich hatte vorsorglich meine Trailschuhe angezogen, die sich hier auch bestens bewährten. Der Regen hatte den Boden aufgeweicht, die Läuferinnen und Läufer vor mir taten ein Übriges, so dass man schon ab und zu tiefer in den Boden einsank als erwartet. Dort, wo sich die Kühe in größerer Zahl aufhielten, war der Weg regelrecht in einen Morast verwandelt.


Ich fühlte mich immer noch prima, die Kräfte reichten noch gut und mit Eugen hatte ich auch einen Begleiter gefunden. Wir waren vor Jahren ein paar Kilometer beim ebm-Marathon zusammen gelaufen und er hatte mich in Steibis gleich wieder erkannt. Wie damals auch, unterhielten wir uns  wieder bestens. Er war seither schneller geworden, ich etwas langsamer, so dass wir heute dasselbe Tempo gingen. Da er wie ich dieses Jahr auch beim Rennsteig Supermarathon und in Biel gelaufen war, gab es genug Gesprächstoff. 

 

Die Verpflegungsstelle Imberghaus bei Kilometer 12,3 hatten wir erreicht, oder besser gesagt, erklommen. Tatsächlich übertraf dieser Anstieg seit Kilometer 7 alles, was ich bisher bei Marathons erlebt hatte. Selbst als der Zermatt-Marathon mit 2.100 Höhenmetern noch hoch auf den Gornergrat führte, war er weitaus leichter zu laufen als der Oberstaufen Marathon. Klar, die 1.800 Meter mussten hier auf den ersten 21 km gemacht werden, in Zermatt hatte man dafür die ganze 42 km Strecke. Das Attribut „Alpin Marathon“ war hier durchaus angebracht. Auch wenn sich Oberstaufen im Alpenvorland ganz harmlos anhört: der Lauf hatte es in sich!


Wenigstens dachte ich bis jetzt so, auch wenn es nun im Anschluss an die Verpflegungsstelle erst Mal zwei Kilometer sanft abwärts ging. Von rechts kamen jetzt eine ganze Menge Läuferinnen und Läufer. Das waren wohl die weit vor uns liegenden. Mussten wir jetzt auch nach rechts, wenden und wieder zurück?  Unsere Verwirrung klärte sich schnell. Aufgrund der schlechten Bodenverhältnisse wurde heute nicht über den Hochgrat gelaufen, sondern man hatte die Alternativstrecke gewählt. Wir kreuzten also den Weg und wurden dann weiter nach oben geschickt, wo es dann in einer weit ausholenden Schleife wieder abwärts ging und im Bogen wohl wieder hier vorbei.


Hatte ich bisher gemeint, es könne nicht mehr steiler werden, ich wurde eines Besseren belehrt.  Jetzt wurde es richtig alpin. Nur noch keuchend kam ich über die Wiese nach oben. So wie es aussah, war das kein normaler Pfad. Das Wasser hatte hier wohl seit einigen Jahren tiefe Furchen herausgearbeitet und man musste aufpassen, wo man hintrat. Für die nächsten 2,5 Kilometer benötigten wir 35 Minuten! Allerdings war es auch nicht immer einfach,  den Weg überhaupt zu finden. Wir waren eine Gruppe von 5 Läufern und vor uns war niemand mehr zu sehen. Vor allem waren auch keine Wegkennzeichnungen mehr da und ein Pfad war auch nicht zu sehen. Der hatte sich jetzt endgültig in ein „Bachbett“ verwandelt. Von weiter oben jedoch hörte man ab und zu Stimmen, so dass die Richtung klar war. Tatsächlich, als das steilste Stück überwunden war, kam die Verpflegungsstelle Falkenhütte (km 17,6) in Sicht.

 

Ab hier würde es normalerweise noch mal knapp 300 m höher gehen, heute jedoch wurden wir auf dem Alternativweg wieder nach unten geschickt. Schade, gerne wäre ich das anspruchvolle Stück oben auf dem Grat gelaufen. Die Streckenbeschreibung auf der Website hatte mir Appetit gemacht:

 

„Für mehr als 90 Prozent der Läufer ist diese "Gratwanderung" das absolute "Highlight" der Strecke, die restlichen Läufer sind leider zum Teil leicht "überfordert". Der Weg schlängelt sich am, beziehungsweise auf dem Grat entlang, wobei auch eine ca. 30m lange - von der Bergwacht mit einem Seil gesicherte - Stelle mit absoluter Vorsicht (Absturzgefahr!) passiert werden muss! Des weiteren geht es über ein paar kurze (10-20m lange) An- und Abstiege wo der Weg eigentlich kein Weg mehr ist und hin und wieder die Hände zu Hilfe genommen werden müssen (wenn es dazu noch nass ist wie 2004 wird es schwieriger).“ 

 

Nun, Sicherheit geht vor und somit hatte ich schon einen Grund, im kommenden Jahr nochmals nach Oberstaufen zu kommen.


Ab jetzt ging es abwärts, erst recht steil auf einer neuen Asphaltstraße, dann wieder auf gekiesten Wegen und sehr viel auf Pfaden, die hier aber ganz gut zu laufen waren: ca. 650 Höhenmeter auf 10 Kilometer. Hier war es mir nicht mehr möglich, schnell zu laufen, es war stellenweise einfach zu steil und ab und zu standen auch noch Kühe im Weg, die man verscheuchen musste, bevor man weiter kam. Insgesamt kamen wir gerade noch auf einen Schnitt von etwa 6:20 min/km. Aber als Training für den K78 in Davos war das sicher ideal, denn dort geht es ab km 60 in etwa genauso lange abwärts.

 

Die Verpflegungsstelle Hochgrat Talstation (km 27,6) hatten wir erreicht, Cola getrunken und weiter gejoggt. Der extreme Streckenteil lag hinter uns, die restlichen 15 km sahen im Höhenprofil recht passabel aus und erwiesen sich auch so. Bis km 30 ging es noch sanft abwärts. Eugen und ich fühlten uns gut, so dass wir nur noch joggten. Nur auf dem Anstieg bei km 30 wechselten wir nochmals über ins Gehen. Auch bei den restlichen drei Verpflegungsstellen tranken wir jeweils noch kurz zwei Becher Cola und joggten dann weiter. Selbst Anstiege bewältigten wir joggend. Von der Zeit lagen wir besser, als geplant. Klar, die Alternativstrecke war deutlich leichter und wohl auch etwas kürzer (vielleicht 1,3 km?), Zeitersparnis sicher 30 Minuten.

 

Allerdings hatten wir uns vorgestellt, dass wir bei unserem Tempo noch etliche Läufer einholen würden. Täuschung, gerade mal zwei Läufer überholten wir, alle anderen waren offensichtlich viel weiter vor uns, dass selbst unser Endspurt nichts mehr brachte. Die letzten drei Kilometer waren mit 5:20 unsere schnellsten und zeigten mir, dass ich den Lauf vernünftig eingeteilt hatte. Zieleinlauf war wieder im Stadion und jetzt stand der Bogen wie eine Eins!

 

Insgesamt brauchte ich für die etwa 40,9 km 5:05 Stunden; Schnitt auf den ersten 17,6 km 9:07, auf den restlichen 23,3 km 6:28. Ich war zufrieden, ob das aber für Davos reicht? Da gibt es sehr enge Durchgangszeiten und wer die nicht schafft, wird gnadenlos aus dem Rennen genommen.


Der Alpin Marathon in Oberstaufen ist ein sehr schöner Marathon und ich kann ihn nur empfehlen.  Allerdings sollte man schon etwas Erfahrung mit Bergläufen haben. Er ist anspruchsvoll, aufgrund der moderaten 7 Stunden Uielzeit trotzdem auch für langsamere Läufer geeignet. Jederzeit ausreichende Verpflegung, mein Trinkgurt mit gefüllter Flasche war absolut unnötig, zu keiner Zeit vermisste ich etwas. Das Allgäuer Alpenvorland ist ja bekanntermaßen eine wunderschöne Landschaft, wegen der alleine sich ein Besuch lohnt.


Streckenbeschreibung

Rundkurs von 42,2 Kilometer, +/- 1.800 Höhenmeter. Anspruchsvolle Pfade, Berglauferfahrung sollte man haben.


Rahmenprogramm

Marathonmesse, Nudelparty, Gottesdienst


Logistik

Im Start- Zielbereich ist alles zu finden: genügend Parkmöglichkeit, Startnummernausgabe, nach dem Lauf Kuchen, Kaffee, Grillgut.


Weitere Veranstaltungen

Ein 2/3-Marathon, der bis km 12,3 mit dem des Alpin-Marathons identisch ist, danach auf einem eigenen Kurs verläuft und dann auf den letzten sieben Kilometer wieder gemeinsam mit dem Marathon: 30 km, +/- 950 Höhenmeter. Ein Lauf für "Jedermann" mit einer guten Kondition.


Zeitnahme

Handmessung


Verpflegung

Völlig ausreichende Abstände, auch Zwischenstationen, die im Streckenplan nicht eingezeichnet sind: Apfel, Banane, Müsliriegel, Kekse, Wasser, Iso, Apfelschorle. Nach der Streckenhälfte auch Cola.


Zuschauer

Wenig, wozu auch, die Landschaft genügt, die Wege sind anspruchsvoll.


Auszeichnungen

T-Shirt

 

Informationen: Alpin Marathon Oberstaufen
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