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Laufberichte

Sechs Stunden - all inclusive

14.03.09
Autor: Klaus Duwe

In der Ruhe liegt die Kraft

„Wieviele Kilometer laufen die?“ will die Frau mit dem Fahrrad wissen.
„Kommt drauf an,“ antworte ich kurz.
„Auf was?“
„Wie schnell sie sind.“
„Versteh’ ich nicht.“
„Na, ja, sie laufen sechs Stunden. Wer die meisten Kilometer hat, hat gewonnen.“
„Sechs Stunden? Wo?“
„Na, hier, immer um die Wiese.“
„Um Gottes Willen.“ Sie steigt aufs Rad und ist weg. Für immer für die Laufwelt verloren. Dabei ist so ein Rennen einfach genial.

Keine Angst, ich bin nicht schon wieder gelaufen. Ich lasse es ruhig angehen. Aber dabei sein will ich schon. Schließlich hat der Nürnberger 6-Stunden-Lauf einen sagenhaften Ruf und ist deshalb auch schon immer vorzeitig ausgebucht. 171 hatten sich angemeldet, 154 sind an diesem eisigen Samstagmorgen erschienen, um auf dem 1522 Meter langen Rundkurs um die Wöhrder Wiese den Großteil des Tages zu verbringen. Darunter natürlich wieder etliche Ultras, für die solche Veranstaltungen nichts anderes als ein Training für höhere Aufgaben darstellen. Wenn ich jetzt mit Aufzählen anfange, gibt es anschließend wieder Schelte, weil eine(r) vergessen wurde. Also lass ich das heute …

Die Wöhrder Wiese unweit der  Altstadt wird auf der Veranstalter-Website als Veranstaltungsort genannt. Teilnehmer bekommen eine Anfahrtsskizze, alle anderen können sehen, wie sie hinkommen. Eine Adresse, mit der ein Navi was anfangen kann, ist das nicht und ortskundig bin ich auch nicht. Schließlich werde ich im Prinzregentenufer fündig. Dort gibt es Parkplätze, man geht über die Pegnitzbrücke und ist direkt auf der Strecke.

Die Wöhrder Wiese ist bei Freizeitsportlern sehr beliebt. Im Sommer gibt es auch Biergärten und Kulturveranstaltungen. Das kann man sich heute kaum vorstellen. Die Wiese gleicht eher einer Seenlandschaft und statt Fußballern sieht man Enten watschen.

Der Weg um die Wiese ist flach und komplett geteert. Vermesser mit DLV-Segen haben festgestellt, es sind genau 1522 Meter. Am äußersten Zipfel gibt es eine scharfe Kurve und man muss vom Gas. Strategisch günstig hat man hier die Verpflegungsstelle postiert. Nach dem Motto: Bin ich schon am Bremsen, kann ich auch gleich essen und trinken. Von beidem gibt es viel und sortenreich. Trotzdem haben sich etliche ihre persönliche Verpflegung und Betreuung mitgebracht.

Die Teilnehmerliste kommt aus dem Laptop. Ansonsten hat man den Eindruck, alles ist wie früher. Werner Sonntag hätte seine Freude. Die Runden werden „von Hand“ gezählt. Dazu sind schätzungsweise 30 Helferinnen und Helfer im Einsatz. Jeder Teilnehmer hat „seinen Zähler“, bei dem er sich nach jeder Runde bemerkbar macht. Die Zähler wiederum bejubeln und motivieren „ihre“ Läufer nach jeder Runde. Das macht echt Laune.

Was meiner Meinung nicht so gut dazu passt, ist die Musik. Fremdartig hört sie sich an und ist eher zum Meditieren denn zum Laufen geeignet. Aber da hatte Sri Chinmoy (1931 – 2007) eine ganz andere Auffassung. Für den Begründer der gleichnamigen Gemeinschaft (von Kritikern auch Sekte genannt) gehören Meditation, Literatur, Musik und Sport zusammen. Und weil das Sri-Chinmoy-Marathonteam den Lauf veranstaltet, wird sich halt daran orientiert. Keine Angst, kein Teilnehmer muss der Gemeinschaft beitreten, es wird auch nicht dafür geworben. Einzig einige Schilder mit Zitaten des „Guru“ sind am Streckenrand aufgestellt. Und die sind nicht nur motivierend, sondern auch zum Nachdenken.

Ok, um 10.00 Uhr wird gestartet, um 16.00 Uhr ist Schluss. Auf seine letzte Runde bekommt jeder ein Fähnchen, das er an der Stelle in den Boden steckt, wo er bei Ertönen des Schlusssignals angekommen ist. Dann wird ausgemessen und gerechnet:

gelaufene Rundenzahl x 1522 Meter + Schlussrunde = Endresultat

Diese Art Läufe sind  nicht nur  für Neueinsteiger eine ideale Möglichkeit, einen Marathon oder eine Ultradistanz zu probieren, sie geben auch "Spätstartern" eine Chance. Bernie Conradt und Norman Bücher zum Beispiel standen um 10.00 Uhr statt an der Startlinie im Stau und gingen eben mit 30 Minuten Verspätung auf die Runden. Ihre Ergebnisse (50,022 bzw. 51,522 km) sind dennoch äußerst respektabel.

Gewonnen hat Matthias Dippacher. Der erfahrene Ultraläufer (u. a. Alb-Sieger, Ultra-Cup-Sieger, Biel-Zweiter) hat es allen gezeigt. Er läuft sein Tempo und wartet, bis  Manfred Kilian und Vinodkumar Shrinivas sich ausgetobt haben. Bei km 47 übernimmt er die Spitze, hat am Ende 2 ½  Runden Vorsprung und gewinnt mit sehr guten 83,535 km.

Klare Sache bei den Frauen. Simone Stöppler’s Sieg ist vom Start weg unangefochten. Sie gewinnt mit 68,236 km und hat damit fast 4 Runden Vorsprung auf die Zweite, Grit Seidel aus Berlin.

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Informationen: 6-Stundenlauf Nürnberg
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