marathon4you.de

 

Laufberichte

Schönes Frühlingswetter eher ein Handicap?

04.03.07

In der niederländischen Provinz Limburg, und zwar dort, wo sich am Autobahnkreuz "Kerensheide" die Fernstraßen Brüssel-Aachen (A76) und Amsterdam-Maastricht (A2) kreuzen, liegt die Gemeinde Stein. Zu ihr gehören die Orte Elsloo, Urmond und einige kleinere Ortschaften. Ihre Gesamtfläche beträgt 22,77 km². Anfang des Jahres 2005 zählte die Gemeinde Stein ca. 27.000 Einwohner. Der Kernort Stein liegt an der Maas und besitzt einen großen Binnenhafen.

 

In der Vorgeschichte wurde die Region vom Volk der sogenannten "Bandkeramiker" besiedelt. Im archäologischen Museum von Stein befinden sich viele Funde aus dieser Zeit. Die Herrlichkeit Elsloo war im Mittelalter lange Zeit ein mehr oder weniger unabhängiger Staat. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wuchs Stein zu einer Siedlung von Bergleuten heran, die in den nahe gelegenen Steinkohlezechen arbeiteten.

 

Das heute eher mit moderner Architektur ausgestattete Stein war am Sonntag, dem 4. März 2007, nunmehr zum 12. Mal Austragungsort des weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten und sich ganz offensichtlich auch bei belgischen und deutschen "Ultras" größter Beliebtheit erfreuenden "Meuleberg Recycling zes uren ultraloop". Wer häufig in den Niederlanden und Belgien Marathon- und Ultraläufe bestreitet, sollte sich schon ca. 2 Stunden vor dem Start im Veranstaltungszentrum, dem Foyer der Schwimmhalle am Erholungspark Steinerbos, eingefunden haben. Man begegnet nämlich in Stein alljährlich einer immensen Anzahl von niederländischen, belgischen und deutschen Laufkameradinnen und -kameraden, sodass man aus dem pausenlosen Händeschütteln beinahe nicht herauskommt, und es wäre doch jammerschade, wenn man einem der vielen "netten Mädels" oder "feinen Kerle" aus Zeitknappheit nicht die gebührende Aufmerksamkeit schenken könnte.

 

Wie aus der auch deutschsprachigen Internetseite der "Stichting Ultraloop Stein", die unter "www.ultraloopstein.nl" aufgerufen werden kann, ersichtlich ist, kann der "Meuleberg Recycling zes uren ultraloop" auf eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte zurückblicken:

 

Im Jahr 1996 ergriff der Ultraläufer Han Frenken die Initiative, um zusammen mit Bert Hanckmann, Anton Smeets und Patrick Franken in der Ausdauersportgemeinde Stein (auch bekannt geworden durch den jährlichen Triathlon und die "Ronde van Limburg") einen 6-Stunden-Lauf zu organisieren. Dieser Lauf findet üblicherweise am ersten Sonntag in März statt. Nur wenn der Karneval auf einen späten Zeitpunkt fällt, verschiebt sich die Veranstaltung um eine Woche auf den zweiten März-Sonntag. Als im letzten Jahr die niederländischen Meisterschaften im 24-Stunden-Lauf neben den "zes uren" in Stein ausgetragen wurden, sah man sich zudem veranlasst, einmalig auf das erste April-Wochenende auszuweichen.

 

Es stellte sich schnell heraus, dass der "Meuleberg Recycling zes uren ultraloop" eine Bereicherung des niederländischen Ultralaufkalenders darstellt. Bereits zur Premiere am 03.03.1996 meldeten sich mehr als hundert Teilnehmer/innen an. Auf dem damals 2.400 m langen Kurs im Erholungspark Steinerbos wurden sofort enorme Distanzen zurückgelegt, vor allem von den Belgiern Marc Vanderlinden (91.593 m = damaliger Männer-Weltrekord) und André Beneens (89.973 m = noch heute gültiger Weltrekord für die Altersklasse M40).

 

Auch bei der 2. Auflage am 02.03.1997 lief Vanderlinden mehr als 90 km, jedoch hinderte ihn der Wind daran, seinen Vorjahresrekord zu brechen. Bei den Damen sorgten Birgit Lennartz und Anni Loenstad für große Spannung bei ihrem deutsch-dänischen Duell, an dessen Ende 75.141 m und 74.966 m zu verzeichnen waren.

 

Als echten Thriller könnte man den 3. Lauf bezeichnen, der am 01.03.1998 stattfand. In den Schlussminuten lagen noch 5 Favoriten dicht beieinander. Letztlich siegte der Deutsche Josef Frings mit einer Leistung von 82.643 m. Bei den Damen errang erneut Birgit Lennartz Platz 1 mit damaligem Weltrekord von 77.727 m. Sie gewann die Frauenwertung übrigens auch noch in den Jahren 1999 bis 2001 mit Ergebnissen um 75 km.

 

Sieger des 4. Rennens am 07.03.1999 war Rainer Lindemann, der mit 86.056 m deutschen Rekord lief. In der 5. Auflage am 12. März 2000 ging der Sieg an den Ungarn Janos Bogar, der 89.345 m erzielte. Bei der 6. Veranstaltung am 11.03.2001 war es der Belgier Jan Vandendriesche, der mit 88.918 m siegte.

 

Der 7. "Meuleberg Recycling zes uren ultraloop" wurde am 03.03.2002 auf einer 5.500 m langen Strecke mit Start und Rundenzählung im Zentrum von Stein gelaufen. Sieger war nochmals der Ungar Janos Bogar mit 88.940 m vor dem Belgier Ivan Hoste mit 88.309 m und Robert Wimmer aus Roth mit 85.260 m. Bei den Damen siegte die Weltrekordhalterin über den "10-fachen Ironman", Astrid Benöhr aus Bergisch Gladbach, mit 72.278 m.

 

Bei der am 09.03.2003 durchgeführten 8. Auflage des 6-Stunden-Laufes von Stein wurde wieder auf der Steinerbos-Strecke gelaufen. Damals gewann der Ukrainer Stanislav Lazyuta mit 87.200 m. Die Damen-Wertung entschied erneut Astrid Benöhr für sich, diesmal sogar mit einer Leistung von 73.205 m.

 

Der letzte große Paukenschlag erfolgte am 07.03.2004. In diesem 9. Rennen siegte der Pole Tomasz Chawawko mit der derzeit noch gültigen Weltrekord-Leistung von 92.188 m. Bei den Damen gelang der erstplatzierten Joke Keuning mit 70.998 m eine Verbesserung des niederländischen Rekordes.

 

Die 10. Auflage am 06.03.2005 sah nochmals Tomasz Chawawko mit 84.959 m als Sieger. In der Damen-Wertung war nun die Dänin Anni Loenstad mit 72.441 m erfolgreich. Im Vorjahresrennen am 02.04.2006 (11. Veranstaltung) waren es dann Marc Papanikitas aus Belgien und Marion Braun vom SV Germania Eicherscheid, die mit 86.238 bzw. 71.370 m siegten.

 

Folgende derzeit noch gültige Weltrekorde wurden in Stein/NL erzielt: Männer Tomasz Chawawko (P) 92.188 m, M40 André Beneens (B) 89.973 m, M50 Rainer Lindemann (D) 86.538 m, W45 Anni Loenstad (DK) 72.876 m, W60 Maria Janssen (B) 64.466 m. Hinzu kommt noch der Weltrekord des Damen-Teams des VSV Grenzland Wegberg, das seine bereits 1998 in Stein aufgestellte Bestleistung im 6-Stunden-Lauf für Vereinsmannschaften 2001 an gleicher Stelle auf 207.335 m verbesserte.

 

Auch in diesem Jahr konnte der "Meuleberg Recycling zes uren ultraloop" seinem über die Jahre hinweg redlich verdienten Beinamen "the World's fastest six-hours-run" gerecht werden. Bei herrlichem Frühlingswetter (erst in der letzten der sechs zwischen 11.00 und 17.00 Uhr gelegenen Laufstunden zog Bewölkung auf) und milder Temperatur ging auf einem 3.097,94 m langen Rundkurs, der überwiegend auf asphaltierten Wegen durch und um den Erholungspark Steinerbos führte (siehe Streckenplan im Internet), "ganz schön die Post ab". In den ersten beiden Laufstunden ergaben sich im Vorderfeld sowohl der Damen als auch der Herren interessante Konstellationen und Positionskämpfe. Dann aber war der Spuk vorbei. Birgit Schönherr-Hölscher aus Wetter an der Ruhr und Marc Papanikitas, der belgische Vorjahressieger, hatten nun ihre "Betriebstemperatur" erreicht. Nach einem in Anbetracht ihrer Möglichkeiten jeweils zurückhaltenden Beginn "flogen" die beiden nun in souveräner Manier über die Runden.

 

Am Ende lautete der Zieleinlauf der 3 Erstplatzierten wie folgt:

 

Damen:

1. Birgit Schönherr-Hölscher, PVTri Witten (D), 73.555,58 m
2. Manon Wenmekers, Nattenhoven (NL), 72.827,58 m (neuer niederländischer Rekord)
3. Marion Braun, SV Germania Eicherscheid (D), 70.689,64 m (neue deutsche Bestleistung für die Altersklasse W50)

 

Herren:

1. Marc Papanikitas, AVKA (B), 84.270,34 m
2. Ivan Hostens, BEHO (B), 81.729,40 m
3. Lucien Taelman, AZW (B), 80.741,46 m

 

(Im Übrigen waren die Spitzenplätze in der Männerwertung - wie der Ergebnisliste entnommen werden kann - fest in belgischer Hand. 6 der 7 Erstplatzierten waren Belgier.)

 

Mehr zum Thema

Und wie erging es mir? Seit 2001 (wo ich mit 48.422 m meine dortige Bestleistung aufstellte) gehe ich beim "Meuleberg Recycling zes uren ultraloop" an den Start. Lediglich 2004 war ich trotz Angemeldetseins zum Zuschauen verurteilt, weil mir am folgenden Tag ein Krankenhausaufenthalt bevorstand, der mit der Implantation eines Stents in ein verengtes Herzkranzgefäß endete.

 

Auch heuer war meine Vorfreude auf Stein ziemlich groß. Zwar hatte mich in den beiden vorangegangenen Wochen eine heftige Erkältung erwischt. Da diese aber nicht von erhöhter Temperatur oder gar Fieber, sondern "lediglich" von Schluckbeschwerden, heftigen nächtlichen Reizhustenanfällen und anschließenden Wohnungswanderungen sowie von einem erheblichen Lutschbonbon- und Grogkonsum begleitet war, maß ich dem Ganzen nicht viel Bedeutung bei. Ich peilte ein 45-km-Ergebnis an und war recht guter Dinge. Doch schon nach wenigen Minuten Laufzeit musste ich bei mir eine deutliche Saft- und Kraftlosigkeit feststellen. Die letzten 2½ Laufstunden waren "Quälerei pur". "Warum tust Du Dir das an?" fragte ich mich immer wieder. Zur Hilfe kam mir, dass ich bislang noch nie ein Rennen aufgegeben habe.

 

Immer mehr schraubte ich meine Erwartungen zurück. "Wenn es doch wenigstens ein Marathon werden würde", ging es mir schließlich durch den Kopf. Mit 42.855,18 meinen bleischweren Beinen abgerungenen Metern wurde es einer, obwohl während der letzten ¾ Stunde Laufzeit zu allem Überfluss durch Ischias oder durch meinen lädierten Bandscheibenpuffer bedingt auch noch meine rechte Wade immer wieder "blockierte". Erstaunlicherweise war dieser krampfähnliche Zustand auf meinem gemeinsamen Rückweg mit Marion Braun vom Vermessungspunkt zum Veranstaltungszentrum plötzlich wie weggeblasen.

 

Auch mein Sohn Frank, der im letzten Jahr an gleicher Stelle 63.374 m gelaufen war, nachdem er eine Woche zuvor in Rotenburg/Fulda sogar 65.146 m erzielt hatte, und der noch am 27.12.2006 in Heerde/NL auf der Bahn 61.716 m verzeichnen konnte, präsentierte sich mit seinem Endergebnis von 59.671,82 m deutlich unter Wert. Zwar hatte auch er zu Anfang der Woche ein gesundheitliches Tief zu überwinden und schon einen Startverzicht erwogen. Aber konnte es nicht auch sein, dass uns das ungewohnt schöne Wetter ziemlich "zugesetzt" hatte? Zur Untermauerung dieser These noch etwas Statistik:

 

Obwohl in der ursprünglichen Internetausschreibung "Keine limiet an teilnehmers" gestanden hatte, setzte der Veranstalter in einem späteren Rundschreiben eine Höchstteilnehmerzahl von 250 Personen fest. Ob er sich damit selbst einen Gefallen tat, sei dahingestellt. Nach der auf der Internetseite der "Stichting Ultraloop Stein" ausgewiesenen Teilnehmerliste hatten sich 35 Frauen und 145 Männer vorangemeldet. Nach den an gleicher Stelle veröffentlichten Ergebnislisten waren lediglich 31 Frauen und 131 Männer an den Start gegangen. Hiervon hatten 4 Frauen und 38 Männer das Rennen vorzeitig beendet (0 Restmeter). Dies entspricht 13 bzw. 29 %. Berücksichtigt man zudem noch, dass auch viele andere Teilnehmer/innen nicht an ihre Normalergebnisse herangekommen sind, so könnte man tatsächlich meinen, dass das schöne Frühlingswetter zu ungewohnt und damit eher ein Nachteil war.

 

Informationen: 6-Stunden-Lauf Stein
Veranstalter-WebsiteHotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner

 
NEWS MAGAZIN bestellen
Das marathon4you.de Jahrbuch 2024