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Laufberichte

Der schnelle Hunderter - Tag der grandiosen Siege

13.08.11
Autor: Joe Kelbel

Kaum war Heinrich II, König des Ostfrankenreiches (später Deutscher Kaiser) durch seinen Feldzug 1004 nach Italien auch noch König vom Stiefel Europas geworden, machte er sich auf den Weg, den Polenfürsten Boleslaw in die Schranken zu weisen.

Bei Leipzig befand sich eine slawische (sorbische) Schutzwallanlage mit Heiligtum, der heute immer noch Opferberg genannt wird. Hier machte Heinrich II. Rast während seines Polenfeldzuges. Da er dem Erzbischof von Magdeburg seine Kapelle kaputt gemacht hatte, schenkte er diesem einfach den Opferberg und ließ hier eine neue Kapelle bauen. Den Ort nannte er „Vuarim“, einem altsorbischen Wort für „kochend, siedend“.

Und siedend wird auch dieser 100 km Lauf werden. Aus der Kapelle ist eine Kirche, aus Vuarim ist Leipzig-Wahren geworden.

Die Strassenbahnlinie 10 (direkt vom Hbf) hält unmittelbar vor dieser Kirche (Gnadenkirche) und dem Rathaus. Die Jahreszahl 1004 ist deutlich erkennbar. Von hier aus sind es 300 Meter bis zur August-Bebel-Kampfbahn, dem Start und Ziel des 100 km Laufes „Rund um den Auensee“.

Der Auensee war eine Kiesgrube, die 1909 angelegt wurde, um Material für den Leipziger Hauptbahnhof zu gewinnen. Die Kiesschicht stammt aus eiszeitlichen Ablagerungen und ist 10 Meter dick.

1914 entstand am Auensee der Luna Vergnügungspark, damals der größte Deutschlands und der Luna-Express, eine niedliche Parkeisenbahn. Im Zuge der Weltwirtschaftkrise wurde der Park 1932 zwangsversteigert, 1951 wiedereröffnet. Von der kleinen Parkeisenbahn werden uns  die Eltern und Kinder nachmittags, wenn Leben in die Auen kommt, ungläubig bei unserem 100km Kampf anstarren. Das im Jahre 1914 für den Luna-Park überdimemensioniert erbaute Haus Auensee ist heute eine gern genutzte Konzerthalle. In die Presse kam das Haus Auensee vor 2 Monaten, als ein Fan beim Limp Bizkit Konzert im Kamin steckenblieb und erstickte.

August Bebel gründete 1869 die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP, ab 1892 SPD). 1930 wurde die August-Bebel-Kampfbahn eröffnet, 1933 nach Machtübernahme der NSDAP enteignet und zweckentfremdet.

Neben der August-Bebel-Kampfbahn (der Name ist einfach scharf) ist der Campingplatz, eine gute Alternative für diejenigen, die nicht in der Turnhalle übernachten wollen. Dort gibt es Finnhütten, Blockhütten und Zeltplätze. Wer wild zelten will, kann dies auf einem grasbewachsenen Parkplatz vor der Kampfbahn machen. Übernachtung in der Turnhalle kostet 2,50  €, mit Feldbett 3,50 €. Sehr diszipliniert ist um 21 Uhr Totenstille. Wer zu spät anreist und die Nudelparty verpasst, der bekommt im Vereinshaus Seelachsschnitzel mit Brot 2,50 €, Schnitzel mit Kartoffelsalat 2,50 €, Bartwurst mit Brot 1,50 € und vieles mehr.

 

Start 6 Uhr früh auf der Kampfbahn

 

Der 100 km Lauf wird regelmäßig seit 1991 ausgetragen, denn seit der Wende ist dies erst möglich geworden. Heute ist der 22. 100km Lauf angesagt. Gelaufen wird wie immer ein 10 km Kurs. Flach, durch den schattigen Auenwald. Eigenverpflegung kann in der Kampfbahn deponiert werden, muss aber nicht, denn die Veranstalter auf dieser Seite Deutschlands wissen, was Läufer brauchen: Bier, Nutellabrot, Salami, Gurken, Tomaten, Pellkartoffeln und genialen Haferschleim. Haferschleim ist ein schlechtes Wort für eine Ernährung, die von Spitzensportlern der DDR an der Universität entwickelt wurde. Für mich stehen Haferschleim, den ich mir gerne mit Bier mische, und Pellkartoffeln mit Salz ganz oben bei der Wettkampfverpflegung.

Wer denkt, der 10 km Rundkurs sei langweilig, der irrt. Lange Unterhaltungen während des Laufes oder kurze Grüße auf den Begegnungsstrecken machen Freude. Im Gegensatz zu Biel entfällt hier der Nachtstress. Nach 50 km bekommt man eine Wertung, alle 10 km eine Zeitmessung (wird beurkundet). Wer also weniger als 100 km laufen will, entgeht einem DNF, und wie gesagt: flacher Kurs mit erstklassiger Verpflegung.

106 Läufer nehmen die 100 km Strecke in Angriff,  73 die 50 km Strecke. Es geht zwar hauptsächlich durch Natur, doch deswegen ist man nicht hier.  Gekämpft wird heute um die Bayerische und Sächsische Meisterschaft im 100 km-Lauf. Bei den 50 km geht es um die Leipziger Meisterschaft.  Für mich geht es um eine kleine Trainingseinheit, die ich nach 50 km beenden will. Ich habe mich aber vorsichtshalber für die 100 km gemeldet. Für  Gabriele geht es um die Qualifikation für die 100 km WM in Windschoten, für Ricarda um die Quali für den Spartathlon.

Wie bei meinen letzten Läufen auch, so schüttet es aus allen Wolken. Überall bedröppelte Gesichter, die wohl dieses Jahr nicht in Biel waren, sonst wäre ihnen alles egal.Wir drücken uns irgendwie unter  Zeltplanen rum, da kommt das blitzartige Briefing: „ ..dies ist ein Wettkampf...also keine mp3-player und keine Nahrungsaufnahme außerhalb der Verpflegungszonen“. Hektik bei allen Verkabelten, da fällt unerwartet der Startschuß.

Ich meine, niemand hat „We Are The Champions“ erwartet, aber daß hier alles so schnell und zügig geht, von der Startnummernausgabe bis zum Start, hat mich dann doch in diesen frühen Morgenstunden überrascht. So schnell wie hier alles geht, so schnell wird die Kampfbahn zur Sumpfbahn, doch wir laufen ja raus in die Auen von Leipzig.

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Informationen: 100km-Lauf am Auensee
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