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Laufberichte

Aus doppelter Sicht – 100. Marathon und 3.Ultra

15.05.10

Zuerst Sara:

Da wir bereits zum dritten Mal am Bödefelder Hollenlauf teilnahmen, wissen wir was uns erwartet. Ein relativ anspruchsvoller, aber sehr schöner, rundum gelungener Landschaftslauf. Ich selbst bin noch nie einen Stadtmarathon gelaufen, weil die Landschafts- und Bergläufe einfach viel schöner sind. Meistens fahren wir dazu sogar in die Schweiz. Doch der Bödefelder Hollenlauf ist eine Ausnahme.

Dieser Lauf bietet für jeden etwas, Strecken ab 13 km für Wanderer und Einsteigerstrecken und 101 km für die harten Ultras.

So haben auch wir alle unsere Strecke gefunden. Meine Mutter würde mit den 13km das zweite Mal wandern, jedoch das erste Mal in Bödefeld. Mein Vater würde wie die zwei Jahre davor die 101km laufen. Diesmal war es jedoch was Besonders, da es der 100.Marathon (und mehr) werden würde. Deswegen hatte er auch extra die Startnummer 100 bekommen. Und ich würde wieder die 67km versuchen. Letztes Jahr musste ich beim Wendepunkt „Kühude“ aussteigen. Die Probleme von damals hatte ich bis jetzt mitgeschleppt und ich war ziemlich nervös, ob ich trotz der schlechten Vorbereitung den Lauf schaffen würde.

4:15 klingelte der Wecker. Für meinen Vater und mich hieß es aufstehen, Sachen richten und zum Start fahren. Dann gab es erst einmal ein leckeres Frühstück, bei dem ich mich sehr zurückhalten musste, um nicht zu viel zu essen. Dann  ging es zum Start. Es war noch frisch und die meisten Ultraläufer sahen noch ziemlich verschlafen aus. Ich verspreche meinem Vater, wenn er bei den 101km ankommt, komm ich auch an. Abgemacht!

Nach einer kurzen Einweisung zu den Wegmarkierungen geht es auch schon los. Nach 1,5km durch den Ort geht es in den Wald und die ersten leichten Anstiege folgen. Ich höre sofort auf zu laufen, ich werde meine Kräfte am Schluss noch brauchen. Außerdem habe ich ja Zeit. Ein weiterer Vorteil bei dem Lauf. Wegen dem 101km-Lauf hat man eine sehr lange Zielzeit von 15 Stunden. Ich werde davon auch einen Großteil brauchen. Wenn alles richtig gut läuft, würde ich gerne unter 10 Stunden kommen, doch das werde ich wahrscheinlich nicht schaffen.

Der Anstieg wird flacher, man kommt aus dem Wald raus und der erste Versorgungsstand wird erreicht. Die Frau kommt mir sogar mit dem Becher Wasser entgegengelaufen. So eilig hätte ich es gar nicht gehabt. Jetzt geht es erst einmal bergab. Es folgen leichtere Anstiege und Bergabstücke im Wechsel bis man bei Kilometer 13 wieder in den Ort Bödefeld kommt. Die kleine Einlaufrunde ist geschafft. Jetzt folgt eine 27km lange Hin-und-Zurück-Strecke. Schon jetzt zieht es bei mir im Rücken. Wenn es einmal anfängt, wird es meist schnell schlimmer, bis ich nicht einmal mehr gehen kann. Das gibt’s doch nicht! Nicht schon wieder. Ich habe doch versprochen anzukommen. Obwohl ich schon langsam bin, drehe ich noch einen Zahn zurück. Ich habe ja Zeit und will nur ankommen. Der nächste Versorgungsstand folgt. Die Frau erkennt mich wieder. „Wieder dabei? Das dritte Mal, oder?“ Ja, stimmt. Mit heißem Tee geht es weiter. Es ist doch recht frisch, aber zum Glück trocken. Ein Läufer überholt mich. Nanu, wo kommt der her. Ich denke, ich wäre die Letzte. Leider ist er zu schnell für mich. Ich trappe langsam weiter, nicht so steile Bergaufstücke kann ich jetzt sogar laufen. Auf der Nassen Wiese gibt es  was zu essen und Boullion. Die tut gut.

Wanderer überholen mich bergauf, bergab hole ich sie wieder ein. Es kommen mir auch welche entgegen,  die 101km Marschier. Einige von ihnen sehen schon ziemlich platt aus, aber sie sind  ja auch schon etwas länger unterwegs.

Die Halbmarathonabzweigung kommt, kurz darauf die für den Marathon. Ein weiterer Vorteil des Hollenlaufs. Man kann sich unterwegs noch zwischen 67 und 101km entscheiden, man muss einfach nur früher drehen. Und zur Not kann man auch noch auf den Marathon umsteigen, wie ich es vor zwei Jahren machen musste. Jetzt bin ich jedoch froh, dass noch alles gut ist und ich an der Abzweigung vorbeilaufen kann.  Am nächsten Versorgungsstand werde ich gleich begrüßt und auch hier erkennt man mich vom letzten Jahr wieder. „Dein Vater ist auch schon durch“ erzählte man mir gleich.

Nach der Stärkung geht es weiter. Der steilste Teil der 67km- Strecke folgt, der Anstieg zum „Kahlen Asten“. Ich habe jedoch keine Schwierigkeiten damit, befürchte jedoch dass die nachher beim runter laufen kommen würden. Oben angekommen hat man eine herrliche Aussicht.

Ab jetzt folgen keine steilen Anstiege mehr. Es kommen mir auch schon wieder Läufer entgegen. Die meisten muntern mich auf und feuern mich an. Da muss ich gleich etwas schneller laufen. Kurz nach der Hälfte ist der letzte Versorgungsstand vor dem Wendepunkt. Dort begrüßt man mich besonders freudig, da man mich schon verloren gegangen glaubte. Etwas über 6 Stunden hatte ich gebraucht. Erst erschrecke ich etwas, weil das selbst für mich sehr langsam ist. Dann bin ich jedoch froh, dass es noch ohne Probleme läuft.

Ab hier geht es hauptsächlich bergab bis zum Wendepunkt „Kühude“, wo man mich ebenfalls erkennt und anspricht. Mein Vater sei schon lange durch. Ich gönne mir eine kleine Auszeit und esse in Ruhe etwas. Die Auswahl ist bei allen Versorgungsständen groß. Von den üblichen Sachen wie Bananen, Äpfeln über getrocknetes Obst, Kräcker bis zu Wurst-, Käse- und Schmalzbrote mit Salz (sehr gut! Vor allem da man sich die Brote selbst salzen kann, so viel wie man grade braucht!) gibt es alles. Auch bei den Getränken gibt es außer Wasser fast überall auch Apfelsaft, Cola, Malzbier und Elektrolyte. Bei der tollen Versorgung braucht man etwas mehr Zeit, auch weil überall die Helfer und Helferinnen super nett sind und man um ein Gespräch nicht herum kommt. Obwohl ich dieses Jahr sehr weit hinterm Feld laufe, ist man überall sehr freundlich zu mir. Nie habe ich das Gefühl, jemanden aufzuhalten, wie das manchmal anderenorts der Fall ist, wenn man ganz am Schluss läuft. Hier bin ich jedoch genauso willkommen wie der Erste.

Es geht zurück. Noch 27km. Mir geht es noch relativ gut. Alles was laufbar ist, laufe ich jetzt, jedoch muss  ich langsam machen, weil sonst sofort das Reißen im Rücken wieder kommt. Beim nächsten Versorgungsstand sind 45,5km geschafft! Mehr als ein Marathon! Endlich habe ich wieder einen Marathon geschafft! Jetzt geht es mir richtig gut, und ich weiß, dass ich auch den Rest schaffen werde. Ich werde zwar lange unterwegs sein,  aber ankommen!  So wie  ich es versprochen hatte. Der Rest ist mir egal.

Ich merke langsam  die Kälte, vor allem auf den freieren Stücken. Da ich nicht schnell laufen kann, wird mir auch nicht so richtig warm. Hoffentlich fängt es nicht auch noch  zu regnen an. Eine Wanderin holt  mich ein. Sie fragt, ob mir nicht kalt sei und ich nicht eine Fleecejacke haben wolle. Das Angebot klingt  verlockend. Aber mit Jacke laufen ist  dann wohl doch nichts. Ich danke für das Angebot und lehne freundlich ab. Aber ich bin froh für die Gesellschaft. Kurz darauf holen wir jedoch ihren Mann ein und dann ist es wieder vorbei mit der Unterhaltung, da er langsamer ist als ich.

Bis zum Abstieg vom kahlen Asten ist alles gut. Neben dem Skilift geht es runter, das ist hart und  tut weh. Ich tippele ganz langsam vor mich hin und bin froh, heil unten angekommen zu sein. Lieber wäre ich bergauf gelaufen. Aber jetzt ist das Schwierigste geschafft und ich versuche langsam etwas schneller zu laufen. Bisher habe ich mir meine Kräfte gut eingeteilt, aber so langsam kann ich ja ruhig an die Reserven gehen.

Km 55 -  „Toll, dass du wieder da bist!“ heißt es gleich, „noch 12km, und jetzt geht es kaum noch bergauf“.  Der Wanderer mit mir am Versorgungsstand und ich sind uns jedoch einig, dass es bergab viel schlimmer ist. „Neben dem Skilift runter!“ „Oh ja, das war schlimm“.

Noch 12km. Bald ist es vorbei. Das Stück bis zur „Nassen Wiese“ zieht sich. Dreimal denke ich,  sie müsste doch jetzt kommen, doch da ist noch nichts zu sehen. Ich habe einen kleinen Tiefpunkt. Ich merke wieder das Ziehen im Rücken und muss noch langsamer machen. Deswegen wird es mir jetzt verdammt kalt. Ein kurzer Moment mit dem „Warum tust du so was?“ folgt. Aufgeben ist jedoch zum Glück keine Option. Erstens ist es ja kurz vorm Ziel und zweitens hatte ich das Finish versprochen.

Die „Nasse Wiese“ ist endlich erreicht. Nach einem heißen Tee läuft  es gleich bedeutend besser. Kurz hat es mal nach Regen ausgesehen, doch die Wolken haben sich  wieder verzogen. Jetzt  geht  es erst mal ein langes Stück bergab und ich komme wieder so richtig ins Rollen. Dann holt mich auch die Wandererin wieder ein und bleibt bei mir. Mit Unterhaltung ist noch viel besser. Angelika zieht mich und ich werde etwas schneller. Dann kommt auch schon der letzte Versorgungsstand. 

 „Das ist Sara!“ wird gerufen und alle feuern mich an.  Auch die letzen zwei Kilometer bringen Angelika und ich gut hinter uns. Ziel! Geschafft! 67km.12:20:30.  Mein dritter Ultra! Mein 15. Marathon! Ich bin so glücklich wie schon lange nicht mehr, auch wenn ich sehr lange gebraucht habe. Ich denke jedoch, als die mit Abstand jüngste Teilnehmerin im Feld kann ich auch mit meiner Zeit ganz zufrieden sein! 

Angelika gesellt sich zu Bekannten auf eine Runde Bier. Ich muss  jedoch erst einmal Volker Berka begrüßen. Auf unsere Empfehlung hin ist er hier den Marathon gelaufen, obwohl er sich schon einen anderen ausgeguckt hatte. Und dann hat er danach auch noch die ganze Zeit im Ziel auf mich gewartet. Beim Zieleinlauf hat mich das sehr gefreut. Dann rufe ich meine Mutter an. Sie hat die Wanderstrecke von 13km gut überstanden, war aber fix und fertig und will nicht mehr von der Wohnung bis zum Ziel laufen.

Ich muss mir dann auch erst mal etwas Warmes anziehen, denn kalt ist  mir immer noch, stehen kann ich auch nicht mehr. Jetzt merke ich schon, dass es die längste Strecke war, die ich bisher gelaufen bin. Ich fühlte mich mind. zwei Jahre älter. Wegen der Kälte setze ich mich ins Anmeldebüro, um auf meinen Vater zu warten. Für die Siegerehrung muss ich jedoch noch einmal raus, da ich das Hauptfeld Frauen sogar noch gewonnen habe.

Im Anmeldebüro,  jetzt eher das Urkunden- und Medaillenbüro, sind auch alle sehr nett, machen sich Sorgen um mich, weil mir so kalt ist. Gerne schauen sie nach, ob und wo mein Vater am Laufen ist. „Bei der Nassen Wiese, 94km ist er durch“.  Gut, dann kommt er ja gleich. Ich warte drinnen, bis ich ihn mit Heike Pawzik kommen sehe.

Joachim erzählt weiter:

Da komme ich dann, nach 14 Stunden und 13 Minuten zusammen mit Heike ins Ziel. Sara begleitet uns, wir laufen zu dritt, Hand in Hand, mit viel Applaus ins Ziel. Ich habe mein Ziel, meinen 100. Marathon mit einem Hunderter zu beenden, erreicht und bin überglücklich! Alle Schmerzen der letzten Kilometer sind vergessen, es ist einfach nur schön!

Ich habe mir diesen Lauf ja für meinen 100. ausgesucht und weiß, was mich erwartet. 101km mit ca. 2000 Höhenmetern klingen nicht wie ein Spaziergang … und sind es auch nicht. Aber genauso habe ich es ja gewollt. Nachdem ich mich letztes Jahr mit Schmerzen über die Ziellinie gerettet hatte, sollte es diesmal etwas besser werden … und es wird besser.

Als es morgens um 6:30 bei ca. 3° in Bödefeld losgeht, ist das aber gar nicht  so sicher. Denn es ist alles in allem eine sehr schwierige Strecke, mit viel schlammigem und matschigem Boden, der sehr viel Kraft kostet.

Das relativ kleine Startfeld hat sich schnell verteilt. Nach der 13km-Einlaufrunde geht es in den langen und zum Teil steilen Aufstieg zum „kahlen Asten“. Die Versorgungspunkte sind perfekt organisiert und lassen kaum Wünsche übrig, man spürt überall die Begeisterung, mit der das ganze Team dabei ist. Einige erkennen mich auch wieder vom letzten Jahr.

Irgendwo hinter Kilometer 30 schaffe ich es zu einer Frau aufzulaufen und wir kommen ins Gespräch. Es ist Heike Pawzik, Transeuropaläuferin mit vielen, vielen für mich neuen Geschichtchen. Da auch der Laufschritt gut zusammen passt, bleibe ich gerne bei ihr und wir laufen die letzten 70 Kilometerchen zusammen bis ins Ziel. Die Bergabstücke werden zwar noch mal ein bisschen hart und gehen ordentlich in die Knochen, aber wir haben keinen Zeitdruck und laufen gemütlich zu Ende. An allen Versorgungspunkten frage ich natürlich nach meiner Tochter Sara und bin also schon sicher, dass sie „gut“ angekommen ist. Kurz vor dem Zielbogen kommt sie uns mit nicht mehr ganz so sicherem Schritt entgegen, läuft  aber tapfer mit Heike und mir durchs Ziel.

Der „Speaker“ interviewt uns wie fast alle anderen auch. Auch das gehört hier dazu. Die Urkunden sind gleich gedruckt und schon bald geht’s dahin, was diesen Lauf auch für Warmduscher geeignet macht, nämlich unter die wirklich warme Dusche, die man jetzt dringend braucht.

Der „Bödefelder“  war für uns alle drei ein sehr schöner, familiärer Lauf. Wir waren zum dritten Mal begeistert von der tollen Organisation, Verpflegung, von den hilfsbereiten, freundlichen Helfern bei jedem Wetter. Da bleibt eigentlich nur noch zu sagen: Bis zum nächsten Jahr!

 

 


 
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